Hochwertige Rohstoffe aus Restbiomassen

Neue Nachwuchsgruppe an der Universität Kassel erforscht innovative Verwertungsverfahren für Restbiomassen. Das BMBF fördert das Vorhaben mit drei Millionen Euro.

Wie können wir fossile Rohstoffe und Ressourcen durch biogene Äquivalente ersetzen und zugleich den steigenden Anforderungen an Natur- und Umweltschutz gerecht werden? Welchen Beitrag können bisher ungenutzte Biomassepotenziale auf dem Weg in eine nachhaltige und zirkuläre Gesellschaft leisten? Mit diesen drängenden Fragen beschäftigt sich ab sofort eine neue Nachwuchsgruppe an der Universität Kassel. Das Forschungsprojekt heißt „Biogene Aktivkohlen und Plattformchemikalien aus Restbiomassen zur Implementierung einer nachhaltigen zirkulären Bioökonomie“, kurz: Bio4Act, und untergliedert sich in vier Forschungsbereiche.

„Um Ziele wie die Treibhausgasneutralität und den Erhalt von Ökosystemen zu erreichen, müssen wir nicht nur zunehmend erneuerbare Energieträger erschließen, sondern auch CO2-emissionsintensive fossile Ressourcen durch biogene ersetzen“, so Dr.-Ing. Korbinian Kaetzl vom Fachgebiet Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe an der Uni Kassel und Leiter der Nachwuchsgruppe.

Im ersten Forschungsbereich werden bisher ungenutzte Restbiomassen aus der Landschaftspflege identifiziert und mittels innovativer Verfahren aufbereitet. Aus der dabei gewonnenen festen Phase stellen die Forschenden in dem zweiten Forschungsbereich biogene Aktivkohle her und testen diese anschließend auf ihre Eignung zur Abwasserbehandlung, d.h. auf ihre Fähigkeit, Mikroschadstoffe (u.a. Arzneimittelrückstände) aus kommunalem Abwasser zu entfernen. Hier baut die Nachwuchsgruppe unter anderem auf Vorarbeit der Arbeitsgruppe „Umweltverfahrenstechnik“ an der Uni Kassel auf. Diese konnte bereits erfolgreich Aktivkohlen aus Restbiomassen herstellen, die eine deutlich nachhaltigere Alternative zur fossilen Aktivkohle darstellen.

In dem dritten Forschungsbereich sollen aus den Nebenströmen der Biomasseaufbereitung biogene Plattformchemikalien, also Grundchemikalien aus nachwachsenden Rohstoffen, entstehen, wie Milchsäure und Bernsteinsäure. „Restbiomassen und in der Aufbereitung erzeugte Sekundärrohstoffe, die sich nicht für eine höherwertige stoffliche Nutzung eignen, sollen außerdem in Form von Biogas und Festbrennstoff als Energieträger nutzbar gemacht werden“, ergänzt Kaetzl. Den letzten Forschungsbereich stellt die Verfahrensbewertung mittels einer Ökobilanzierung dar. Hierbei ist es das Ziel, die Nachhaltigkeitspotenziale der gesamten Verfahrenskette zu ermitteln und zu quantifizieren und die Prozesse im Hinblick auf Klimaschutz, Gewässerschutz und Ökotoxizität zu bewerten.

Das Vorhaben wird über die BMBF Förderlinie „Kreativer Nachwuchs forscht für die Bioökonomie“ mit insgesamt drei Millionen Euro gefördert und ist auf fünf Jahre angelegt. Die Nachwuchsgruppe umfasst drei Promotions- und zwei Habilitationsstellen, sowie eine Technikerstelle. Ergänzt wird das Vorhaben durch eine weitere Post-Doc-Stelle für begleitende Forschung. Auch Studierende können sich mit Forschungsarbeiten in das Vorhaben einbringen.

Die Bio4Act-Nachwuchsgruppe arbeitet eng mit dem Leibniz Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. (ATB) zusammen und trägt so zu einer Verstetigung und Intensivierung des geschlossenen Kooperationsvertrages zwischen der Uni Kassel und dem ATB bei. Darüber hinaus wird eine Einbindung in das Clusterprojekt „BiTWerk“ sowie in das SDG+ Lab der Uni Kassel angestrebt, um den Wissenstransfer und die Vernetzung zu unterstützen.